Kunstaktion
"Wachsender Adventskalender 2006" - Tag
9
Ich
könnte mir eine Gerechtigkeit auch ohne Schwert vorstellen,
dafür mit der Überzeugungskraft des Wortes.
Prof.
Dr. Gertrud M. Krüskemper
Diese
Justitia, zu der man aufschaut und von der man sich - je
nach dem - den Sieg oder eine Verurteilung erhofft, ist
gänzlich veraltet: Sie trägt ein Schwert, d.h. sie soll mit
Hilfe von Gewalt Gerechtigkeit verwirklichen, sie soll
strafen (möglichst schmerzhaft). Hilft Strafe? Macht sie
besser? Schafft sie eine menschlichere Gesellschaft? Ganz in
den Hintergrunde getreten ist der Gedanke einer
Wiedergutmachung, der Opfer von Verbrechen in den Blick
nimmt und von den Tätern eine Aktivität verlangt, die mit
dem bloßen Einsitzen nicht zu vergleichen ist.
Helmut Engels
Justitia
soll Recht sprechen ohne Ansehen der Person (deshalb wird
sie in der Regel blind dargestellt)
und erst nach sorgfältiger Abwägung (deshalb
mit einer Waage in der Hand). Nicht Willkür oder die
Kraft des Stärkeren sind
ausschlaggebend. Das "Richtschwert" beendet den Streit.
Soweit die Theorie und die meisten
künstlerischen Darstellungen in der Geschichte. Aber
Skepsis scheint geboten. Die "Zitate" des Künstlers
am unteren Bildrand deuten darauf
hin. Zwei ängstliche Gesichter, das Victory-Zeichen von
Herrn
Ackermann und der Daumen, mit dem in der Antike der Kaiser
über Leben und
Tod entschied, scheinen auf eine andere Wirklichkeit zu
verweisen.
Ilse und Ludwig Petry, Meerbusch
Die Gerechtigkeit ist
unser Schutz. Sie ist abwägend,
behandelt alle gleich. Deswegen suchen die Menschen bei
ihr, unter ihr Sicherheit und Geborgenheit. Sie rufen
nach ihr, ja, sie flehen um ihre Hilfe. Das Schwert
deutet auf die Schärfe des Rechts, aber auch auf die
Wirksamkeit des Schutzes hin. Wird die Gerechtigkeit
auch bedroht oder erhält sie ihrerseits Unterstützung
von oben? Der Advent lässt uns
hoffen auf Gerechtigkeit und Schutz.
Wolfgang Kral
Mir hat sich das Bild zum
9.12. in Stufen erschlossen:
1. Die Allegorie der
Gerechtigkeit hält ihr Schwert wie einen Geigenbogen.
(Panto)mimt sie uns allen
Ernstes, dass ihr gefälligst die erste Geige im Festtrubel der Werte
zusteht?
2. Da fällt mein
Blick auf das Repoussoire oben und da zeigt sich ein kleiner Drache mit
einem "BinIchNichtNiedlich"-Ausdruck im Herabschweben (Maffays >Tabaluga<?).
Aha - es gibt also diverse Akteure, ein Medien-Spektakel. Aber
Gerechtigkeit, Kinder-Puppenspiel?
3. Nun, warum nicht
- zum Fest - mit der Gerechtigkeit ein Spiel treiben? Das Bild erscheint an
einem Rat-Haus. Da haben der Bürger und die Bürgerin doch was zum Knobeln -
schließlich ist es Zeit der Besinnung. Vielleicht ist es eine zeitgemäße
Version, Mitmenschen zu zeigen, wie Rats-Häuser heute Sinn stiften
(könnten)?!
4. An dieser Stelle
angelangt, musste ich als E-Mail-Empfänger das Bild scrollen. Oben
verschwand der Drache, unten rückte Publikum nach. Da ward mir am
Auffälligsten Neros todbringender Colosseums-Daumen von Kinderhand (der ganz
nebenbei aus Justitias Toga eine männerbeinige Schrittstellung macht). Die
zweite Kinderhand zeigt weniger "Victory" als dass sie ein Scherchen macht,
in bestimmter Richtung zielend. Nun gut, Kinder wissen es nicht besser,
zumal die Medien heute auch unter alle Röcke dringen. Und was ist mit den
zwei denn wohl Erwachsenen?
5. Etwas kahl und
gehetzt/nachdenklich halten sie ihre Köpfe (noch) unter den Waagschalen.
Etwas aus den Schalen wird auf sie herabfallen - gar die Waage selbst
-Damokles lässt grüßen. Wird hier Sündern gedräut, unbeeindruckt von dem,
was Kindsköpfe denken?
6.
(zuletzt): Da ruht mein Blick nun wieder auf der Hauptfigur und
alsbald gibt sie sich erneuert zu erkennen: als ein Mann, ein "Soldat", mit
Mütze und Rucksack. Dieser Mann hat sich die Waage nur geliehen. Es ist
seine Notlampe. Mit zwei Teelichtern bestückt, hofft er damit notdürftig das
Dunkel zu erhellen, dem er bereits mit erhobenem Schwert entgegengeht, über
uns hinaus. St. Georg aber scheint er nicht zu sein.
Nichts ist, wie es scheint.
Wahrlich ein Denkbild zum 2. Advent, zu allem, was kommt.
Klaus Fabian
Gerechtigkeit – gibt´s die? Wohl nicht – oder?
Seht, es werden Tage kommen – Spruch des Herrn - ,
da erfülle ich das Heilswort,
das ich über das Haus Israel
und über das Haus Juda gesprochen habe.
In
jenen Tagen und zu jener Zeit
werde ich für David einen gerechten Spross
aufsprießen lassen.
Er wird für Recht und Gerechtigkeit sorgen im Land.
In jenen Tagen wird Juda gerettet werden.
Jerusalem kann in Sicherheit wohnen.
Man wird ihm den Namen geben:
Jahwe ist unsere Gerechtigkeit.“
(Jer 3.3. 14-16)
Oder doch? Wann?
Dr. Karl Remmen
St. Georg sticht mit der
Lanze in der Rechten nach dem über ihm dräuenden
Drachen, in der Linken hält er die Waage der Justitia.
Die Metaphern zeigen einen Widerspruch auf:
einerseits Kampf, andererseits Gerechtigkeit. Dieser
spiegelt sich bei den Zuschauern wider, deren Hände mit
den zum "V" gespreizten Fingern
Zustimmung bzw. mit dem cäsarengleich nach unten
geführten Daumen Ablehnung signalisieren.
Was löst diesen Antagonismus von Kampf und
Gerechtigkeit auf? Es ist der Friede, auf den uns
Christus im Advent hoffen lässt.
Sabine und
Herbert Jacobs
Die Göttin der Gerechtigkeit
ist blind - sie hat keine Augen. Sie sieht nicht, welche ihrer Waagschalen
nach unten und welche nach oben ausschlägt. Sind sie wirklich unschuldig,
die Freigesprochenen, die lächelnd von oben herabsehen? Sind sie wirklich
schuldig, die mit angstvollen Augen auf das strafende Richtschwert starren?
Viele können mit ihrer Schuld gut leben: Ich sehe Ackermanns arrogant
hoch gestreckte Hand mit dem "Victory"-Zeichen und
Essers verächtlich nach unten gedrehten Daumen!
Josef Grüning
Es muss
Menschen geben, die andere Menschen und auch Tiere regieren, führen, lenken,
leiten, also den Taktstock schwingen. Wenn dies gerecht, ausgleichend, Pro
und Contra abwägend und in gleichgewichtiger Harmonie erfolgt, geschieht es
zum Wohle von Mensch und Tier. Steffi Valentin
Justitia mir Schwert und
Rucksack, voran schreitend. Über ihrem Kopf ein Nashorn, daneben
kopfüber singende Kinder. Unter der Waage der Gerechtigkeit verdattert
dreinblickende Bürger, daneben an Justitias Rockzipfel Kinderhände mit
dem Siegeszeichen und dem nach unten gekehrten Daumen. Eine solche
abstruse Kombination kann nur als Sinnbild der Regierung gemeint sein,
die entschlossen voran schreitet, um mehr Gerechtigkeit unter das Volk
zu bringen.
Schingel Bell, Schingel
bell, solche Azwenzbilder gefallen mir!!
Utz Peter Greis
"?? ohne Macht kein Recht,
ohne Recht keine Gerechtigkeit, ohne Gerechtigkeit keine Macht, ohne
Macht kein Recht, ohne Recht keine Gerechtigkeit, ohne Gerechtigkeit
keine Macht, ohne Macht kein Recht, ohne Recht keine Gerechtigkeit, ohne
Gerechtigkeit keine Macht, ohne Macht kein Recht, ohne Recht keine
Gerechtigkeit, ohne Gerechtigkeit keine Macht, ohne Macht kein Recht,
ohne Recht keine Gerechtigkeit, ohne Gerechtigkeit
keine Macht, ????."
Franz-Josef Moormann
Kalender wird immer größer Kaarst (Red).
Die Bildkomposition von Wilhelm Schiefer an den Scheiben der
Rathausgalerie wächst Tag für Tag. Noch fehlen 14 Motive, bis sie
vollendet ist. „Ich könnte mir eine Gerechtigkeit
auch ohne Schwert vorstellen, dafür mit der Überzeugungskraft des
Wortes“, sagt Professorin Gertrud Krüskemper zum
Motiv des neunten Tages. Mit voller Hingabe und in seiner Kunst
versunken, spielt beim zehnten Motiv ein
Violinist.
Westdeutsche Zeitung - 11.12.2006
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(bitte die Bild-Nummer vermerken)
christa_kolling@yahoo.de
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