Kunstaktion "Wachsender Adventskalender 2006" - Tag 5

Ist dies ein Held der Arbeit? Wir sehen einen Arbeiter mit Helm unter einem Kran stehen. Sein maskenhaft erstarrtes Gesicht verrät nicht, ob er müde und abgespannt von der Arbeit ist oder nur konzentriert schaut. Ebensowenig zeigt der Ausschnitt aus der Welt der Arbeit, ob hier etwas produziert oder gefördert wird oder ob es bereits still gelegt wurde. Der Haken an der Kette ist ohne Last. Das globale Wirtschaftsgeschehen kennt keinen Advent. Und die Menschen? Wer heute als junger Mensch der Generation Praktikum einen Ausbildungsplatz sucht oder als "50plus" einen Job sucht, wird die Weihnachtsgeschichte mit der Suche nach einer Herberge plötzlich mit neuen Augen lesen, mit eigener Betroffenheit. Heribert Brinkmann

neuer ärger im kohlebergbau? verzweiflung nach dem grubenunglück? der haken dürfte wohl nicht die rettung bedeuten. Anneli Palmen

Ich bau’ ein Haus für mich und meine Leute. Es strengt mich an, doch muss es sein. Prof. Dr. Gertrud M. Krüskemper

Jeder kann gerettet werden, aber nicht aus eigener Kraft. Woher kann die
Rettung kommen? Ilse und Ludwig Petry, Meerbusch

Homo faber - aber er wird sich am Haken seiner eigenen Maschine aufhängen! 
Josef Grüning

Aktuelle Ereignisse sind es, die der Künstler Wilhelm Schiefer in seinen täglich neuen Bildern des Adventskalenders künstlerisch gestaltet. Heute ist es St. Quirin, der Stadt-und Schutzpatron der Neusser, der normalerweise auf der Kuppel des romanischen Münsters in Neuss steht und seinen Rücken gegen die jenseits des Rheins liegende Großstadt Düsseldorf wendet. Vor kurzem, am Ende der seit 1987 laufenden Sanierungsarbeiten am Münster, wurde er von seiner Höhe heruntergeholt, damit auch er mit seiner heroischen Gestalt aus Kupfer restauriert werden konnte. Der Zahn der Zeit hatte an ihm genauso genagt wie an dem festen, aber auch nicht ewigen Stein- und Mauerwerk der Kirche. Der Künstler zeigt den "Marschall" mit Helm, wie er in einem Gerüst bereitsteht, mit dem er wieder auf sein majestätisches Podest der mächtigen Kuppel gehoben werden soll. Auf seinem Helm ist ein Haken, an dem ihm das darüber schwebende Kranseil nach oben heben soll. Grimmig schaut er aus, keineswegs wie ein gütiger Heiliger und Schutzpatron. Eben so, wie kämpferische Soldaten aussehen, zu denen der römischeTribun, später Märtyrer und Stadtpatron, gehörte. Aber nicht Grimm, Bosheit, Macht und Gewalt, wie es das Gesicht in der Darstellung aufscheinen lässt, bringen den ersehnten Frieden unter den Menschen, sondern nur die stille Botschaft des Advent.  Dr. Herbert Jacobs

Die Bildsprache sagt: Dieser Arbeiter ist nicht Herr über Technik und Industrie, er ist ihr Gefangener. Bedrohlich wirkt der Haken, der von oben herunterhängt. Das Gesicht des Arbeiters: gequält. Er sieht aus wie jemand, der nur schwer Luft bekommt. Wer möchte schon mit ihm tauschen? - Eine weitere Assoziation: Dieser Mann arbeitet in einem Ölturm. Er schuftet für die Gewinnung einer Energieform, die mehr als einen Krieg entfacht hat. Die Arbeit lässt ihm keinen Raum für Besinnung. - Zur Besinnung kommen kann aber der Betrachter des Bildes.  Helmut Engels

Unsere Arbeit gibt uns einen Rahmen, eine Sicherheit. Aber sicher fühlen können wir uns nicht. Hält das Gerüst? Oder kommt Hilfe von oben, von Gott? Fühlen wir uns von etwas Fernem, Unbekanntem bedroht? Unsere Stärke kommt aus uns selbst, aber nur in Verbindung, im Vertrauen auf Gott Wolfgang Kral

Die Herausforderung des wachsenden Adventskalenders ist enorm. Ein Tag ist schnell vorbei. Jeden Tag schaue ich nach, komme aber mit der Deutung gar nicht nach. Das erste Bild: Ein Mensch mit Buch. Aber er sieht nicht hinein. Gedanken fliegen ihm zu. - Die Tage danach: Hände greifen aus - Hände greifen zu. - Ein Spiegel im Bild oder ein Fenster. Wo gehen die Gedanken hin? - Heute konkreter: Ein Mann in der Arbeitswelt. Ein Haken. Ein Kran? - Vielleicht eine Bohrinsel. Er bohrt im Advent.
Herzliche Grüße
Franz-Josef Moormann

In der Nachbarschaft klettert ein Nikolaus das vergitterte Außenfenster hoch; in einem Baum eines anderen Hauses hängt ein riesiger – American-like – Nikolaus an ein langen Seilen und baumelt hin und her im Wind. Kitsch-as-Kitsch-can – dümm- und widerlich. Ein Nikolaus ist Willi Schiefers Mensch wohl nicht – ein Gasprom-Arbeiter im kalten Sibirien? Versorgt uns mit Erdöl, Benzin, Diesel und Gas. Tscha, und wenn dann einer der Großkapitalisten sich im Kreml auf die Pipeline setzt, sitzen wir zu Weihnachten im Kalten. Aber wir haben ja seit kurzem die schönen Windräder bei Glehn. Strom rund um die Uhr! Nur wenn kein Wind weht oder wenn Windstrom eingespeist wird und das gesamte Netz zusammenbricht? Bei Muttern in der kleinen Küche unterm Dach in der Mansarde kurz nach dem 2. Weltkrieg war´s immer schön warm – mein Bruder und ich holten sechs Treppen das Holz hoch; da wurde´s uns schon ganz schön warm. Gekocht und gewärmt am guten Herd hat Mutter und wir wärmten uns. Aber so einen Herd gibt´s heute nicht mehr; das Essen kocht mit unsichtbarem Strom, und die Gasheizung im Keller feuert hinter geschlossener Tür. Aber…..! Was schenkte uns der Hl. Nikolaus? „Apfel, Nuss und Mandelkern.“  Dr. Karl Remmen

Als ich vorbei flog, entdeckte ich einen Menschen in der Maschine. Oder war es ein Roboter? - Ich flog weiter. In lichtere Gefilde.  U. Caspers

Eine Offshore-Plattform zum Ölbohren in der Nordsee, ein Mann in Ölzeug, mit Schweißerbrille und finsterem Blick. Keine Situation, die heimelige Adventsstimmung hervorruft. Aber so was gibt's halt auch.  Utz Peter Greis

„Wilhelm Schiefer macht deutlich, dass gerade in der Adventzeit der Mensch eingebunden in die Maschinerie des Alltags fremdbestimmt wird, ja im wahrsten Sinne des Wortes „an den Haken“ genommen wird, wenn er versucht, sich den Forderungen seiner Umwelt zu entziehen.“                                                                                                            Klaus-Dieter Pruss                                                                       Unternehmensberatung & Management

„Neuer Ärger im Kohlebergbau? Verzweiflung nach dem Grubenunglück? Der Haken dürfte wohl nicht die Rettung bedeuten“, denkt sich Anneli Palmen bei der Betrachtung dieses Werkes von Wilhelm Schiefer.
Westdeutsche Zeitung  -  05.12.2006

 

 

Kommentare sind willkommen (bitte die Bild-Nummer vermerken)               christa_kolling@yahoo.de

zum Kalender

 
© Wilhelm Schiefer (2002)