Kunstaktion "Wachsender Adventskalender 2006" - Tag 15

Sirenenmusik! - Aber Odysseus hat die Verführung durchschaut. Er wehrt sie ab. Er hat sich an den Mast gebunden, um ihr nicht zu erliegen. Er hat seinen Auftrag fest in der Hand: Kurs halten!    Josef Grüning

Woher nur kenne ich dieses Bild – oder schiebt Willi Schiefer mehrere Bilder ineinander – könnte sein. Ich weiß es nicht. Wo hab ich nur diesen Engel schon einmal gesehen – und diesen erschrockenen Menschen? Warum erschrickt der Mensch (der Heilige: welcher? Ignatius? Franziskus?) bei einem engelischen Violinkonzert? Da es nun ein Adventskalender ist, assoziiert man sofort die wunderschöne Passage aus Lukas 2.9f: „Das trat der Engel des Herrn zu ihnen, und der Glanz des Herrn umstrahlte sie……“ So eine Verkündigung an die Letzten der Letzten!   Dr. Karl Remmen

Eine dramatische Szene spielt sich ab, die mich sofort an wuchtige Gemälde der Barockzeit erinnert, die ich in Sevilla gesehen habe. Ein Mann, der entsetzt, fast schon ekstatisch, auf die überirdische Erscheinung reagiert, zu Boden fällt und abwehrend die Hände hebt. Er will nicht hören, was zu hören ist, und nicht sehen, was 'von oben' kommt.
Die junge, männliche Figur, die Geige spielt, nimmt die typische Putto-Haltung ein und wirkt so unbefangen, wie es diesem Himmelsbewohner nachgesagt wird. Die diagonale Ausrichtung des Bildes stellt eine Zusammenhang zwischen den beiden her, der mich irritiert. Will der am Boden liegende eine Botschaft, die auf dem Instrument vorgetragen wird, nicht hören? Seid der Antike, so informiert mich ein Lexikon, gibt es die Verbindung von Musik und Jugend. Wir assoziieren damit freudige, schöne Nachrichten. Davon will der Mann offensichtlich nichts hören.
Annette Landgräber

Trotz des erneuten Hinweises von Wilhelm Schiefer, dass seine Ideen aus aktuellen Bildquellen entstehen, sehe ich mich in dieser Szene in die Antike versetzt. Das mag an der Säule rechts im Bild liegen, auf jeden Fall an der Erscheinung des die Geige streichenden Engels. Ist es Saulus, bevor er durch sein Damaskuserlebnis zum Paulus wurde? Ein Mann im antiken Gewand, der nichts von einer himmlischen Botschaft vernehmen will. Nicht anders kann man seine abweisende Gebärde deuten. Tagesaktuell könnte die Vorstellung dem Künstler gekommen sein, als er aus den Presseberichten hörte, dass in der Paulusbasilika vor den Toren Roms das Grab des Apostels entdeckt worden sei. Wir sollten die Melodie von oben nicht zurückweisen, denn das Christkind ist naheDr. Herbert Jacobs

Angewidert, dem Brechreiz nahe, wendet sich der Mann von der Erscheinung des musizierenden Engels ab. Wer ist dieser Mann? Er ist kein Skeptiker, denn der enthielte sich einer Meinung, ließe offen, wie die Erscheinung zu beurteilen sei. Dieser Mann hat auch keine Ähnlichkeit mit Faust, der sagt: "Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube." Denn dieses Geständnis hat einen wehmütigen Unterton, von Ablehnung keine Spur. Dieser Mann ist vielmehr, so ist zu vermuten, der eingefleischte Zyniker: Er sieht in allem nur das Negative und hat insgeheim seine Freude an der Feststellung des Übels. In sein Weltbild passt nicht das Gute, und wenn es sich zu zeigen beginnt, wendet er sich schaudernd ab, will es nicht wahrhaben.
Wir aber fragen: Ist der Engel auf diesem barocken Bild nur eine Illusion, oder wird hier eine Macht sichtbar, die sonst hinter allem nur verborgen anwesend ist?
Helmut Engels

Ein Engel spielt in einer Wolke Geige; ein Mann wird von der Wolke bedroht und hebt abwehrend die Hand. Im Hintergrund der Tower eines Flughafens. Meine Deutung: Auf dem Weg in den angesagten Weihnachtsurlaub ist eine Botschaft des Himmels im Grunde nur eine ziemlich lästige Störung.  Utz Peter Greis

 

Der Blick des  Mannes ist angsterfüllt, fast panisch. Abwehrend und ablehnend, erschrocken und geängstigt, wie ertappt versucht sich der Mann dem Einfluss der himmlischen Musik zu entziehen. Verkündet der Engel die Frohe Botschaft? Warum dann die Angst? Warum wehrt sich der Mann anscheinend mit großer Anstrengung dagegen, in den Bann der  Botschaft gezogen zu werden. Stört sie ihn vielleicht in seinem Alltag und der Verwirklichung seiner Lebensvorstellungen? Ahnt er, dass die Frohe Botschaft nicht nur gibt, sondern auch fordert?  Dorothea Zillmer

„Sirenenmusik! – Aber Odysseus hat die Verführung durchschaut. Er wehrt sie ab. Er hat sich an den Mast gebunden, um ihr nicht zu erliegen. Er hat seinen Auftrag fest in der Hand: Kurs halten!“, sieht Josef Grüning im 15. Motiv des wachsenden Adventskalenders von Wilhelm Schiefer. Jeden Tag bringt der Kaarster Künstler ein neues Bild an den Scheiben der Rathausgalerie an. So entsteht bis zum 24. Dezember eine einzigartige Bildkomposition.                                                                                                       Westdeutsche Zeitung  -  16.12.2006

 

Kommentare sind willkommen (bitte die Bild-Nummer vermerken)               christa_kolling@yahoo.de

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© Wilhelm Schiefer (2002)